Wildnis wagen
Linda Wilhelm ist eine Expertin fürs Grüne. Die Landschaftsarchitektin berät für den NABU (Naturschutzbund Deutschland) e.V. Unternehmen dazu, wie sie ihr Firmengelände biodivers gestalten können. Und es gibt gute Nachrichten: Den Rasenmäher im Schuppen zu lassen, ist dabei ein guter Anfang.
Frau Wilhelm, warum sind Wildblumen die beste Wahl?
Heimische Wildpflanzen sind ungefüllt blühende Pflanzen, an die sich unsere Wildtiere über Jahrhunderte angepasst haben. Manche Tiere sind auf einzelne Pflanzenfamilien oder sogar -arten angewiesen. Um dem Artensterben entgegenzuwirken, können Wildpflanzen daher einen wichtigen Beitrag leisten. Sie sollten aus Wildstauden-Gärtnereien bezogen und keinesfalls aus der Natur entwendet werden.
Was sind ungefüllt blühende Pflanzen?
Das sind Blüten, die natürlich vorkommen. Die oft bunten, auffälligen Blütenblätter umrahmen dabei die Staubgefäße in der Mitte sowie die Nektarien, also die nektarproduzierenden Organe der Pflanze. Bei gefüllten Blüten wurden Nektarien als auch Staubgefäße zugunsten von Blütenblättern „weggezüchtet“. Grund dafür sind meist ästhetische Ansprüche an noch üppigere Blüten. Für Insekten auf der Suche nach Pollen und Nektar sind die gefüllt blühenden Pflanzen jedoch meist wertlos – das gilt beispielsweise für Dahlien, viele Ziergehölzer und Zuchtrosen.
Was lässt sich schnell und einfach umsetzen und hilft trotzdem?
Wildnis wagen! Seltener und weniger mähen. Bleibt ein Drittel des Rasens ungemäht, können darin Tiere überwintern. Wird mit der Sense, dem Balkenmäher oder der Heckenschere an Teleskopstange gemäht, haben jene Arten, die in Wiesen oder Rasen leben, eine höhere Überlebenschance als bei einer Mahd mit dem Rasenmäher. Und außerdem: Aus Schnittgut Benjeshecken aufschichten und Hecken nicht schneiden, sondern wachsen lassen.
Was können wir selbst machen und wobei helfen Fachfirmen?
Vieles lässt sich selbst umsetzen: die Mahd umstellen, eine Vogelschutzhecke pflanzen, ein vielfältiges Wildstauden-Beet anlegen und Holz als wichtigen Lebensraum in Form eines Stapels oder einer Benjeshecke aufschichten. Ist die Fläche allerdings sehr groß, erfordert die Maßnahme Fachwissen oder muss der Boden besonders vorbereitet werden, helfen Fachfirmen. Das gilt beispielsweise für große Wildblumenwiesen, die neu angelegt werden oder auch für Maßnahmen, um Vogelschlag zu vermeiden oder wenn es darum geht, auf eine tierfreundliche Beleuchtung umzustellen.
Welche Blume geht immer?
Der Löwenzahn! Zahlreiche Insekten nutzen ihn als Nahrungsquelle. Wer es weniger wild mag, setzt auf unterschiedliche Flockenblumen, beispielsweise die Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea), Glockenblumen wie die rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia) oder den Natternkopf (Echium vulgare).
Welches sind die häufigsten Fehler bei der Umstellung auf eine naturnahe Grünfläche?
Ein zu großer Ordnungsdrang und eine ungeeignete Umsetzung. Natur ist wunderschön und sieht oft selbstverständlich aus. Doch hinter optisch ansprechenden und wirkungsvollen Maßnahmen steckt Arbeit und die richtige Pflege. Ein gutes Konzept und der richtige Pflegeplan sind daher wichtige Grundlagen, damit das naturnahe Firmengelände gelingt.
Tipps von NABU, was Sie gegen Vogelschlag machen können, finden Sie hier:
(www.NABU.de/glastod) und um tierfreundliche Licht-Planung geht es hier: (www.NABU.de/infoblatt-stadtbeleuchtung).