Knappe Flächen! Welche Lösungen finden Kommunen, Unternehmen und Zivilgesellschaft?
Freie Flächen sind für Unternehmen eine Voraussetzung für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Besonders in dicht besiedelten Gebieten konkurrieren unterschiedliche Bedürfnisse um den knappen Raum.Rund 20 Prozent der Bruttowertschöpfung wurden 2020 Deutschland von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes erwirtschaftet. Etwa 6,2 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten in Industrieunternehmen. Industrie und Gewerbe tragen hierzulande maßgeblich zum gesellschaftlichen Wohlstand bei und haben die deutsche Wirtschaft während der COVID-19-Pandemie gestützt.
Nutzbare Flächen sind für Unternehmen im produzierenden Gewerbe eine Voraussetzung für ihre weitere wirtschaftliche Entwicklung. Insbesondere in dicht besiedelten Ballungsgebieten sind freie Flächen knapp und die Bedürfnisse von Industrie und Gewerbe konkurrieren mit anderen Bedarfen, wie Flächen für Wohnraum, Naturschutz oder Erholungsgebiete. In dem Webtalk „Wirtschaft will wieder wachsen, Flächen fehlen“ am 29. Juni 2021 diskutierten Wolfgang Lemb (geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und Vorsitzender des Bündnisses „Zukunft der Industrie“), Gertrud Maltz-Schwarzfischer (Oberbürgermeisterin der Stadt Regensburg) und Dr. Ralf Geruschkat (Hauptgeschäftsführer der SIHK zu Hagen) diese Problemstellungen.
Dabei wurde klar, dass ein wichtiger Aspekt zur Lösung von Konkurrenzkonflikten eine breite und frühzeitige Beteiligung der betroffenen Bürger/-innen ist. Die Stadt Regensburg hat während der COVID-19-Pandemie die Beteiligung der Bürger/-innen erfolgreich in ein digitales Format überführt. Auch wenn eine Einbindung nicht alle Konflikte löst, so ist eine offene und transparente Kommunikation eine wesentliche Maßnahme und wird in Zukunft immer wichtiger.
Wenn Unternehmen Flächen benötigen, dann brauchen sie einen zeitnahen Zugriff darauf. Kommunen und Regionen sollten daher ein vorausschauendes Flächenmanagement betreiben. Potenzielle Flächen müssen in ausreichendem Maße für kurzfristige Bedarfe erschlossen sein und planungsrechtlich zur Verfügung stehen. Eine Beschleunigung der Prozesse im Planungsrecht sei dringend geboten. Die Erfahrung zeigt, dass Deutschland im internationalen Vergleich nicht zu teuer für die Ansiedlung von Unternehmen, sondern zu langsam in der Freigabe von Flächen ist. Unbedingt mitgedacht werden muss auch der Flächenbedarf für die notwendige Infrastruktur: Verkehrswege für den Warenverkehr oder die Anfahrt der Mitarbeiter/‑innen. Bereits genutzte Flächen müssen in Zukunft noch effizienter verwendet werden, beispielsweise durch gestapelte Produktion.
Wirtschaft endet nicht an den Grenzen einer Kommune. Es muss über Stadtgrenzen hinausgedacht werden. Arbeitnehmer/-innen leben nicht nur in der Stadt, in der sie arbeiten, sondern oft im Umland. Hier können regionale Kooperationen, wie etwa interkommunal betriebene Gewerbe- und/oder Industriegebiete ein möglicher Baustein sein, um Unternehmen in den Regionen zu halten. Wandern Unternehmen nicht ab, so profitieren die Bürger/-innen sowohl im Ballungsraum als auch im Umland.
Das Gespräch zeigte deutlich, dass die Konfliktlinien in jeder Region unterschiedlich sind. Die Gesellschaft muss jeweils vor Ort definieren, was sie braucht: Ist es Wohnraum, sind es sind industrielle Strukturen, die den Wohlstand erhalten, ist es der Naturschutz oder sind es Flächen für die Bereitstellung regenerativer Energien? Diese unterschiedlichen Bedarfe müssen vor Ort ausgehandelt werden.
Weitere spannende Einblicke in die verschiedenen Perspektiven und Meinungen der drei Gesprächspartner/-innen finden sich hier in dem Mitschnitt des Webtalks „Wirtschaft will wieder wachsen, Flächen fehlen“, der auf dem Youtube-Kanal des Bündnisses „Zukunft der Industrie“ zur Verfügung steht.