Grabenlos Bauen: Deutsche Rohrverlegetechnik für Afrikas Infrastruktur
Marokko, Algerien, Tunesien und nun Senegal: TRACTO weitet seine Aktivitäten in Afrika kontinuierlich aus. Das deutsche Unternehmen ist Komplettanbieter für Maschinen und Zubehör für das grabenlose Verlegen von Rohrleitungen. Das IHK-Netzwerkbüro Afrika (INA) im Interview mit Olaf Kempcke, Managing Director bei TRACTO.
Von der einfach handzuhabenden Erdrakete bis zu komplexen Spülbohranlagen bietet TRACTO alle relevanten Ausprägungen der grabenlosen Technik. Mit der nachhaltigen Technologie will das Unternehmen zum Ausbau der Infrastruktur in Afrika beitragen und Millionen Menschen an Trinkwassernetze, Entsorgungsmöglichkeiten, Energie und digitale Netze anschließen. Im Interview berichtet Olaf Kempcke, warum Vertrauen bei Geschäftsaktivitäten in Afrika so wichtig ist und warum "Made in Germany" für Partner in Afrika sehr herausfordernd sein kann.
Herr Kempcke, was hat Sie von Senegal als potenziellem Markt überzeugt?
Wir hatten zunächst erfolgreich unseren afrikanischen Hub in Marokko etabliert und weitere Märkte wie Algerien und Tunesien erschlossen. Daraufhin haben wir durch Marktanalysen das Potenzial westafrikanischer Länder untersucht und stießen dabei auf Senegal. Die relativ stabile politische Lage, die verhältnismäßig gute Infrastruktur und zahlreiche Projekte, die durch internationale Geldgeber wie die Weltbank, KfW oder auch die EU finanziert werden, waren ausschlaggebend dafür, dass wir uns für den Markteintritt entschieden haben. Durch die Finanzierung der Projekte, insbesondere im Wasser- und Energiebereich, können lokale Firmen auch höherwertige Maschinen anschaffen und müssen keinen Zahlungsausfall nach Vertragsende befürchten. Weitere Länder, die mittelfristig auf unserer Agenda stehen, sind die Elfenbeinküste, Ghana und Kamerun.
Welche Besonderheiten bietet Senegal für Sie?
Eine Besonderheit ist sicherlich, dass die bauausführenden Unternehmen hier noch Preise erzielen können, die eine schnelle Amortisierung ihrer Investition ermöglichen. Demgegenüber stehen aber auch relativ hohe Einfuhrzölle und sonstige Abgaben, die eine Anschaffung sehr schnell um bis zu 50 Prozent verteuern können.
Wie finden Sie Ihre Kunden vor Ort und gestalten den Umgang mit Ihnen?
Bei der Kundengewinnung vor Ort nutzen wir alle Kanäle, die uns offenstehen. Wir kooperieren mit den Auslandshandelskammern (AHKs), nehmen an Geschäftsanbahnungsreisen, Messen und Ausstellungen teil, die auch durch die Außenwirtschaftsförderung der Bundesregierung unterstützt werden. Zudem veranstalten wir Seminare, vor allem für staatliche Institutionen, um über die Vorteile der grabenlosen Technologie zu informieren.
Beim Umgang mit unseren Kunden müssen wir stark auf die individuellen Ansprüche eingehen. Der persönliche Kontakt und Austausch mit den Geschäftspartnern ist elementar, um eine Vertrauensbasis zu schaffen. Nur dies ermöglicht eine langfristige Partnerschaft. Wir müssen dabei Hierarchien in Kundenunternehmen strengstens respektieren.
Was war Ihre größte Herausforderung auf den afrikanischen Märkten?
Lokale afrikanische Firmen haben in der Vergangenheit immer wieder schlechte Erfahrungen mit ausländischen Firmen gemacht. Diese haben sich bei Verkäufen keine Gedanken über Service, Reparaturen oder Ersatzteile gemacht. Bei TRACTO versuchen wir, die Kunden zu überzeugen, dass sie mit uns einen verlässlichen Partner haben. Der gute Ruf, den deutsche Maschinenbauer weltweit haben, ist Vorteil und Hürde zugleich. Deutsche Produkte gelten als relativ teuer und die Preise steigen zusätzlich durch die bereits erwähnten lokalen Steuern und Einfuhrzölle. Daher ist die Herausforderung, den Kunden die Angst vor dem Preis zu nehmen und die Möglichkeiten einer schnellen Amortisierung aufzuzeigen.
Was hat Ihnen bei der Geschäftsanbahnung besonders geholfen?
Durch unser internationales Vertriebsnetz und unsere bisherigen Erfahrungen wissen wir, wie wichtig eine kontinuierliche Präsenz in den Zielmärkten ist. Wir versuchen durch fundiertes Fachwissen die Funktionen der erklärungsbedürftigen Technik aufzuzeigen, die Vorteile klar herauszuarbeiten und den potenziellen Kunden die Angst vor einer Technologie "Made in Germany" zu nehmen.
Ein gewisses Maß an interkultureller Kompetenz, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse angemessen reagieren zu können, ist sicherlich von Vorteil. Die Größe des Kontinents und die Vielfalt der Kulturen sollte nicht unterschätzt werden. Wir bieten zahlreiche Schulungsmöglichkeiten, damit unser Personal den speziellen Anforderungen der Märkte gerecht werden kann, Sprachkompetenz eingeschlossen. Unsere Kunden sollen sich auch nach dem Verkauf auf unsere Betreuung verlassen können. Unsere Servicetechniker sind über verschiedene Kanäle erreichbar, solange wir keine ständige Repräsentanz vor Ort haben.
Wie haben Sie von den Unterstützungsmöglichkeiten der Bundesregierung erfahren?
Wir haben im Januar 2021 an einer virtuellen Geschäftsanbahnungsreise für die Elfenbeinküste teilgenommen, um Informationen zu dem Land zu sammeln und erste Kontakte zu knüpfen. Oscar Ikome von der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika hat den Kontakt zu Dr. Thando Sililo aus dem IHK-Netzwerkbüro Afrika (INA) hergestellt. Von INA haben wir ein auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenes Dossier mit weiteren, für uns interessanten Partnern bekommen. Hierzu zählen zum Beispiel die Delegation der deutschen Wirtschaft in Ghana und Ansprechpartner aus der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE). Über die AWE wurden wir an das Global Business Network (Heute: Business Scouts for Development - GIZ) vermittelt. Dies hat uns über länderspezifische Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten informiert und weitere Türen geöffnet. Daher lautet unsere klare Empfehlung, sich die Zeit zu nehmen und sich mit den entsprechenden Stakeholdern in Verbindung zu setzen.
Welche Tipps würden Sie anderen deutschen Unternehmen beim Markteintritt in Senegal geben?
Die Unternehmen sollen zunächst eigene Untersuchungen anstellen. Dafür können sie zum Beispiel auf die kostenfreie Hilfe des IHK-Netzwerkbüros Afrika zurückgreifen.
Interessierte Firmen müssen sich auf ein komplett anderes Geschäftsumfeld und eine andere Mentalität als in Deutschland einstellen. Die Zusammenarbeit mit lokalen Behörden sollte im Vordergrund stehen. Manchmal reicht ein Personalwechsel auf Behördenseite, um das geplante Geschäft oder Projekt zu zerstören. Außerdem sollten Unternehmen bei der Budgetplanung ausreichend Mittel für die Vermarktung und Kundenbetreuung vor Ort einplanen.
Final lässt sich sagen, dass Misserfolge dazugehören und als "lessons learned" gesehen werden sollten. Deutsche Unternehmen dürfen keinen sofortigen Vertriebserfolg erwarten, sondern müssen einen langen Atem mitbringen.
Hier können Sie das Interview auf dem Africa Business Guide lesen.